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„Klimaschutz ist unser Job“
Klimawandel, Energiewende, Gaskrise – Energie und Nachhaltigkeit ist das Thema der Stunde. Wie wirkt sich diese Entwicklung auf die Gebäudetechnik und die Immobilienwirtschaft aus?
Ich möchte eines vorwegschicken. Unsere Mitarbeiter leisten schon tagtäglich einen Beitrag zum Klimaschutz. Beispielsweise, mit jedem alten Heizkessel, der durch ein energieeffizientes System ersetzt wird und mit jeder Wärmerückgewinnung in Lüftungssystemen, die wir planen und bauen, oder auch mit jeder betrieblichen Optimierung der FM-Kollegen, sinkt der CO2 Ausstoß und es werden Ressourcen geschont.
Neu ist das gesteigerte öffentliche Interesse am Klimaschutz für den Immobilienbestand, auch durch die aktuelle Gasmangelsituation. Das ist ja auch nicht verwunderlich, da zirka 35 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Europa in Gebäuden stattfindet.
Die Energiewende ist insgesamt eine Herkulesaufgabe. Als Gebäudetechniker und als Facility Manager können wir wesentlich dazu beitragen, dass diese gelingt. Wir sind also alle mit unseren Jobs ein wesentlicher Teil der Lösung. Ich persönlich finde das hoch motivierend.
Wo sehen Sie in den klassischen Gewerken Heizung, Kühlung, Lüftung und Elektrotechnik die entscheidenden Stellhebel, mit denen man am schnellsten Energie- und CO2 in Gebäuden, sagen wir mindestens 15 Prozent, reduzieren kann?
Da gibt es einfache Dinge, wie das Absenken der Raumtemperatur im Heizbetrieb, das deutliche Runterfahren von Heizung, Klima und Lüftung bis hin zum Abschalten außerhalb der Betriebszeiten und vieles mehr. Allein das bringt schon einen wesentlichen Einspareffekt. Und es gibt technische Maßnahmen, die zum Teil Investitionen benötigen und für die wir als Gebäudetechniker gefragt sind. Ich liste mal die Wichtigsten auf.
Den hydraulischen Abgleich justieren. Hier muss man kontrollieren, ob es genügend „Spreizung”, das heißt Temperaturunterschied zwischen Vor- und Rücklauf gibt. Im Kältebereich sollten das in der Regel 6K Differenz und im Heizbetrieb zwischen 5 und 30 K sein, je nach Heizungsverbraucher.
Der Tausch von alten Heizungspumpen, sogenannte Konstantläufer in den Regelkreisen, sollten dringend gegen geregelt automatische Pumpen getauscht werden. Dabei ist zu beachten, dass auch die neue Pumpe nicht zu groß dimensioniert wird, ansonsten läuft auch die neueste Pumpe mit einem schlechten Wirkungsgrad. Das und viele andere Maßnahmen werden übrigens gefördert, der Staat gibt bis zu 35 Prozent der Kosten als Ausgleich dazu.
Generell die nachhaltig gestaltete Planung von Umbauten und Sanierungen. Hier ist es wichtig, das richtige Anlagenkonzept zu finden, die Systemtemperaturen abzusenken und auf neue Heizsysteme wie zum Beispiel eine Wärmepumpe in Verbindung mit Solartechnik zu setzen.
Die Heizflächen in Bestandsimmobilien vergrößern, um im Winter mit niedrigeren Temperaturen arbeiten zu können. Dazu gehen wir wortwörtlich „an die Decke” und arbeiten mit Heiz- und Kühldeckenelementen.
Und last but not least muss die Gebäudeautomation in der Liegenschaft optimal eingestellt sein. Darüber hinaus empfehle ich ein intelligentes selbstlernendes System in größeren Gebäuden einzusetzen, wie zum Beispiel Recogizer. Die Investition ist verhältnismäßig gering und kann nochmal zirka 20 Prozent Einsparung bringen. Das macht vor allem dort Sinn, wo die Physik in der Anlage, geregelte Pumpen, hydraulischer Abgleich in der Heizung und Kälte und so weiter schon umgesetzt sind.
Wenn Sie entscheiden könnten: Was würden Sie als Erstes verpflichtend in Deutschland einführen, ändern oder subventionieren, um schnell nennenswert klimapositive Effekte im Gebäudebestand zu erzielen?
Da muss ich nicht lange überlegen. In Deutschland gibt es zirka 10 Mio. installierte Gas- und Ölheizungen. Davon sind gut 60 Prozent der Anlagen 20 Jahre alt oder älter. Diese müssen saniert und durch Klima schonende Systeme ersetzt werden. Dazu gehören sicherlich auch Photovoltaik-Anlagen. Um sie besser zu fördern, würde ich die Vergütung des erzeugten und ins Netz eingespeisten Stroms für die Anlagenbetreiber deutlich verbessern.
Wenn Sie zum Beispiel zu Hause Strom beziehen, kostet dies zirka 400 Euro/MWh, Tendenz steigend. Wenn Sie dagegen aber Strom produzieren, den Sie nicht selbst verbrauchen, dann bekommen sie dafür lediglich konstant 60 Euro/MWh. Damit würden die Eigentümer profitieren, die in die Umwelt und Ihre Versorgungssicherheit investieren.
Ach ja, außerdem ich würde alle Unternehmen dazu verpflichten, mehr junge Menschen auszubilden und gleichzeitig die Zuwanderung für Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland erleichtern.
Die Lebensdauer von Gebäuden ist wesentlich höher als die der Haustechnik. Bei einer Modernisierung oder Revitalisierung – was an Technik muss unbedingt getauscht, was kann optimiert werden, etwa durch eine bessere Steuerung/Automatisierung, was kann so bleiben wie es ist?
Das ist so pauschal leider nicht zu beantworten und hängt stark vom Alter der Anlagen im Gebäude und dem geplanten System ab. Bei älteren Gebäuden steht meist eine technische Generalsanierung an, während in jüngeren Gebäuden auch eine Optimierung helfen kann. Dazwischen ist alles möglich. Grundsätzlich sehe ich drei Handlungsfelder:
Die zentrale Energieerzeugung, Wärme und Kälte, sowie der Lüftung- und Klimaanlagen sollte wie oben schon erwähnt erneuert werden. Dazu gehören die Aggregate, aber auch die Gebäudeautomation.
Die Hauptverteilung für Wärme/Kälte/Luft, also Verteiler, Pumpen, Rohrleitungen, Ventile, Lüftungsanlagen, Ventilatoren, Kältemaschinen sollten zumindest auf automatisch regelnde Aggregate umgerüstet werden. Manchmal können Rohrleitungen trotz abgesenkter Systemtemperaturen wiederverwendet werden, dies muss im Einzelfall geprüft werden.
Die Technik in der Fläche, wie zum Beispiel die Heizkörper, Luftauslässe, Raumregler und so weiter, müssen höchstwahrscheinlich erneuert werden, schon alleine wegen eines moderneren Raumkonzeptes und anderer Temperaturanforderungen.
Bei jüngeren Gebäuden kann es ausreichend sein, nur Teilmaßnahmen umzusetzen und dann mit einer guten Automationsebene anzusteuern. Wie gesagt, die Bandbreite ist groß und man muss sich das Projekt spezifisch anschauen.
Macht modernste Gebäudetechnik ohne ordentliche Dämmung Sinn?
Wenn die Dämmung wirklich schlecht ist, dann nützt auch die beste Technik nichts. Die beste Steuerung kann nichts daran ändern, wenn die Wärme durch die Fassade hindurch pfeift. Eine Kombination von ordentlicher Dämmung und moderner Gebäudetechnik ist das Erfolgsmodell.
Wie schätzen Sie den Einsatz von regenerativen Energien wie Photovoltaik oder Geothermie für Gewerbeimmobilien ein?
Hoch, die Entwicklung wird dahin gehen, dass wir auf den meisten Dächern Photovoltaik-Anlagen finden werden. Dies in Kombination mit Wärmepumpentechnik oder Kraft-Wärme-Kältekopplungsanlagen ist die Zukunft. Erdgekoppelte Wärmepumpen beispielsweise, also mit Geothermie, bieten die höchste Effizienz. Allerdings ist das Bohren der Erdsonden relativ aufwendig und bedarf einer behördlichen Genehmigung. Es wäre schön, wenn der Genehmigungsprozess dazu vereinfacht werden würde.
Welche Bedeutung haben all diese Themen für Apleona Wolfferts und ihr Geschäftsmodell?
Die Anforderungen aus der Energiewende passen genau zu unserem Geschäftsmodell, bei dem wir durch unsere Kompetenz technisch anspruchsvolle Projekte für unsere Projekte erfolgreich implementieren und im späteren Betrieb fachlich intensiv begleiten. Darüber hinaus bauen wir zunehmend unsere planerische Expertise aus.
Wir merken, wie unsere Kunden mit uns immer mehr auf Nachhaltigkeit setzen und ihre Investitionen überdenken. Das ist für uns auch ein wichtiger Faktor bei der Rekrutierung von Mitarbeitern. Es ist für viele Menschen spannend, wenn man mit seiner täglichen Arbeit aktiv zum Klimaschutz beitragen kann und das bei uns mit Leidenschaft und Perspektive tun kann.